Wage gross zu träumen

 
Eine Vision ist wie ein innerer Kompass. In Phasen der Veränderung und des beruflichen und persönlichen Wachstums gibt sie Orientierung und lenkt – auch unbewusst – in die gewünschte Richtung. Eine klare Vision vor Augen setzt Potenziale und verborgene Energie frei. In diesem Beitrag findest du vier Impulse für deine eigene Visionsarbeit.

Text Susanne Bucher

Eine Vision ist ein persönliches Wunsch-Szenario, das grösser, umfassender wagemutiger und weiter in der Zukunft liegt als ein Ziel. Manchmal ist sie nebulös, kaum mehr als eine Ahnung, manchmal schon sehr konkret. Die Schritte, die zur Erfüllung der Vision führen sind vielleicht noch offen und ungenau. Der Begriff «Vision» leitet sich aus dem lateinischen ab und bedeutet «Sehen», «Vorstellung», «Idee» oder auch «Traumbild/Erscheinung».  

Visionen sind weit mehr als Gedanken, sie sind Herzstück von Veränderung und Wachstum. Die Vision unterstützt, begleitet und motiviert, wenn man sich in eine bestimmte Richtung verändern, weiterentwickeln und sein persönliches und/oder berufliches Potenzial entfalten möchte. Sie sind wie ein innerer Kompass, insbesondere auch in Entscheidungssituationen.

Der Jahresanfang ist ein guter Moment, um eine Vision zu entwickeln, zu schärfen und zu verinnerlichen – oder um eine bestehende Vision zu überprüfen und weiterzuentwickeln. Aber auch im Frühling stehen die Zeichen auf Neubeginn und das Aufblühen im Aussen kann inneren Prozessen neuen Auftrieb verleihen.

Im Gegensatz zu einem Ziel ist eine Vision jedoch nicht so schnell entworfen, gefunden und ausgedrückt. Gerade dann, wenn man noch auf der Suche ist, braucht der Prozess Zeit und Raum für die Selbstreflexion. Die Suche nach seiner Vision ist immer auch eine Reise zu sich selbst.

Vier Impulse für deine eigene Visionsarbeit

Impuls 1: Eine Vision entwickeln

Werde dir klar über deine Bedürfnisse, Werte, Wünsche und Sehnsüchte. Über diese Fragen kannst du kaum im Trubel des Alltags reflektieren. Hilfreich sind ein- oder besser mehrtägige Auszeiten, die dir Möglichkeiten des Rückzugs und Innenschau bieten. In dieser Phase gibt es zahlreiche hilfreiche Tools wie etwa das Journaling, die «Morgenseiten-Methode» oder schlicht ein Spaziergang (siehe Übung weiter unten). 

Woran erkennst du, dass du deine Vision gefunden hast? Sie berührt dich und hat eine starke emotionale Komponente. Sie ist gross, mutig und verleiht dir Schub. Was eine Vision nicht ist: Bescheiden, kontrolliert und reduziert. 

Impuls 2: Deine inneren Bilder zur Vision

Im nächsten Schritt geht es darum, dir deine erwünschte Zukunft sehr konkret vorzustellen – so als wäre das, was du anstrebst, bereits eingetroffen. Mach das auch dann, wenn dir deine Vision zunächst noch so unrealistisch erscheint. Male sie dir in allen Facetten möglichst detailliert aus, ziehe alle Sinne dazu mit ein. Frage dich: Wie wird es sein, wenn ich es erreicht habe? Wie wird sich das anfühlen? Was werde ich dann konkret tun? «Was sich unser Hirn vorstellen kann, das erscheint ihm als erreichbar. Das ist wie ein Magnet», sagt die bekannte Schweizer Neurowissenschafterin Barbara Studer. Es hat eine enorme Kraft, sich die erwünschte Zukunft vorzustellen. Dies aktiviert (auch unbewusste) Ressourcen, die uns hin zum erwünschten Zustand lenken.

Die Neurowissenschaft hat sich in der jüngsten Vergangenheit intensiv mit dem Thema der Vorstellungskraft und des positiven Mindsets befasst. Studien haben belegt, dass die identischen Hirnareale aktiviert werden, ob wir ein Ereignis tatsächlich erleben oder es uns (lebhaft) vorstellen. Auch deshalb funktioniert Visionsarbeit zuverlässig.

Impuls 3: Kreativer Ausdruck

Um deiner Vision noch näher zu kommen, ist der nächste Schritt der Visionsarbeit elementar: Die Gedanken sollen vom Kopf den Weg auf das Papier oder auf eine andere Weise einen physischen, kreativen Ausdruck finden. Zwei Beispiele: 
-    Schreibe eine Visionsgeschichte, ein Drehbuch deiner Vision. Schreibe im Präsens (nicht im Konjunktiv). 
-    Erstelle ein Visionboard: Suche mehrere Bilder, die deine Vision untermalen. Unser Hirn kann Bilder um ein Vielfaches schneller verarbeiten als Wörter. 

Impuls 4: Finde die Balance

Versuche eine Balance zwischen Entschlossenheit und Leichtigkeit zu finden. Bleibe deiner Vision treu, ohne dich zu verbeissen oder dir zu viel Druck aufzuladen. Unterscheide zwischen Phasen, in denen du aktiv und zielstrebig unterwegs bist sowie Phasen, in denen du eher passiv bist und die Dinge auf dich zukommen lässt. Sei offen für neue Möglichkeiten, Umwege und sogar Abweichungen vom Plan. Überprüfe regelmässig, ob dir deine Vision noch Freude macht. Wenn ja, bist du auf dem richtigen Weg. Wenn nein, lass die Vision gehen und finde eine neue.
 

ÜBUNG

Unternimm einen Spaziergang und lass dich treiben mit der Aufgabe, «etwas» (oder mehrere Dinge) zu finden, das dich anzieht. Mach dich mit freiem Kopf, einem offenen Herz und neugierig auf den Weg – und überlege möglichst nichts dabei. Gehe diese Aufgabe spielerisch an. Dieses «etwas» kann ein Objekt, ein Gefühl, ein Geruch oder eine haptische Erfahrung sein. Wenn du fündig geworden bist, schau «es» dir ganz genau an. Nimm «es» mit allen Sinnen wahr und untersuche es. Mache vielleicht ein Foto. Wenn du von deinem Spaziergang zurück bist, beschreibst du dein Objekt detailliert (schriftlich). Schaue dir an, was du geschrieben hast und überlege: Was könnte «es» mit meinen Träumen, Zielen, Visionen zu tun haben? Oder mit meinem Weg, der zu meiner Vision führt?

Susanne Bucher Artikel Vision

 
Susanne Bucher ist Spezialistin für Entwicklung und Kommunikation. Sie hat Publizistik und Kommunikationswissenschaften studiert und arbeitet als selbständige Kommunikationsberaterin. Als systemischer Coach und systemische Organisationsberaterin berät und coacht sie zudem Einzelpersonen, Teams und Organisationen. Susanne lebt mit ihrem Mann und ihren drei Kindern im Zürcher Oberland.
www.susannebucher.me