Irene Isepponi

Zwischen Magie und Realität – Irene Isepponi über ihren Weg zwischen Berufung und Beruf

Irene Isepponi kam über Umwege zum Yoga – und fand darin weit mehr als eine körperliche Praxis. Was als Ausgleich zu Rückenschmerzen begann, wurde für sie zum Beruf. Heute führt sie in Eschenbach ihr eigenes Yogastudio und teilt mit ihren Schüler:innen, was sie selbst am Yoga am meisten fasziniert: die Präsenz im Moment – und das Vertrauen ins Leben.

Vom Pilates zur inneren Stille

Bevor Irene Yoga entdeckte, war Pilates ihr treuer Begleiter – doch mit der Zeit spürte sie: Da braucht es noch mehr. Nach der Geburt ihres ersten Kindes plagten sie starke Rückenschmerzen, ausgelöst durch eine Instabilität im Becken- und ISG-Bereich. Auf der Suche nach Linderung stiess sie auf ein Video von Yoga Vidya, dem sie zunächst mit einer gewissen Skepsis begegnete. Die traditionellen Elemente mit Mantras und Ritualen waren für sie ungewohnt und befremdlich – und doch spürte sie nach dieser Yogastunde etwas, das sie nicht kannte: Entspannung «Das war der Unterschied zum Pilates – in Shavasana passierte etwas mit mir.»

Diese Erfahrung legte den Grundstein für ihren weiteren Weg. Drei Jahre lang besuchte sie regelmässig Yogastunden in ihrem Nachbardorf und kam so neben der körperlichen Praxis auch mit Atemübungen und ersten philosophischen Impulsen in Berührung. Das tat ihr gut – und sie wollte mehr davon. So begann sie ihre erste 200-Stunden-Ausbildung beim Yoga Veda in Luzern. Dort öffnete sich für sie eine neue Welt: Philosophie, Geistesschulung, mentale Ausrichtung. «Nach jedem Ausbildungswochenende war ich geflasht – es war, als hätte sich eine neue Dimension erschlossen.» Der Wunsch nach Vertiefung liess sie nicht los, und so absolvierte sie im Anschluss auch die 300-Stunden-Weiterbildung. Mit insgesamt 500 Ausbildungsstunden erfüllte sie damit die Voraussetzungen für die Aufnahme in den Schweizer Yogaverband – ein wichtiger Schritt auf ihrem weiteren Berufsweg.

Vom Nebenjob zur Herzensaufgabe

2015 begann Irene zu unterrichten – zunächst in kleinem Rahmen, neben ihrer Tätigkeit im Marketing. Ihre ersten Erfahrungen sammelte sie mit einer Seniorengruppe, später kamen zwei weitere Kurse hinzu, die sie von einer Yogalehrerin im Dorf übernahm. So wuchs ihre Unterrichtstätigkeit allmählich, während sie noch im Büro tätig war. Bald merkte sie jedoch, dass diese Kombination auf Dauer nicht passte. «Nach einem langen Tag im Büro noch schnell eine Yogastunde unterrichten – das fühlte sich an, als wäre Yoga nur ein Anhängsel.» Diese Erkenntnis führte schliesslich zum entscheidenden Schritt: 2019 kündigte Irene ihren Job, mietete eigene Räumlichkeiten in Eschenbach und machte sich mit Yoga selbstständig.

In den Jahren nach ihrer Ausbildung vertiefte Irene ihr Wissen und ihre Praxis kontinuierlich. Sie probierte verschiedene Yogastile aus, von dynamisch bis ruhig, und fand schliesslich ihren eigenen Weg. Besonders prägte sie dabei die Erkenntnis, dass Sanftheit oft mehr bewirkt als Anstrengung. Sie entdeckte Yin Yoga, das für sie ein Wendepunkt war: «Diese feine, weiche Komponente ist für mich sehr wertvoll – da ist viel Heilung passiert.»

Zwischen Magie und Realität im Yogaalltag

In ihrem Unterricht geht es heute um die Balance zwischen Herausforderung und Loslassen, Struktur und Weichheit. «Wie kann ich Yoga für jeden so anpassen, dass es guttut, nicht schmerzt und lebendig bleibt?» Dabei ist sie überzeugt, dass Yoga sich an die heutige Zeit anpassen darf. «Ich finde es wichtig, dass wir das Wissen über Anatomie und Bewegung, das heute verfügbar ist, mit dem traditionellen Yoga verbinden. Yoga entwickelt sich weiter, und das ist gut so. Wir dürfen Dinge hinterfragen und altes Wissen mit neuen Erkenntnissen verbinden.»

Yoga zu unterrichten bedeutet für Irene, im Jetzt zu sein. «Wenn du wirklich präsent bist, gibt es keinen Raum für etwas anderes.» Diese Qualität ist für sie das Schönste am Beruf – und zugleich bringt der Alltag als Yogalehrerin auch Herausforderungen mit sich. Denn neben der Magie des Moments gibt es auch die Realität der Selbstständigkeit: körperliche Belastung, wechselnde Gruppengrössen und wirtschaftlicher Druck.

Sie unterrichtet acht bis zehn Lektionen pro Woche – ein Pensum, das ihr Freude bereitet, aber ihr körperlich auch Grenzen aufzeigt. Auch emotional fordert sie der Beruf: «Ich bin sehr feinfühlig und spüre schnell, was im Raum passiert. Das ist einerseits ein Geschenk – andererseits brauche ich Filter, um mich selbst zu schützen.» Hinzu kommen die organisatorischen Herausforderungen: spontane Abmeldungen, unvorhersehbare Teilnehmerzahlen, die Frage nach Verbindlichkeit. «Ich habe ein flexibles Buchungssystem, das Freiheit lässt – und doch wünsche ich mir manchmal mehr Beständigkeit. Denn am Ende müssen auch die Zahlen stimmen.»

Krankenkassenanerkennung und Seriosität durch den Schweizer Yogaverband

Die Mitgliedschaft im Schweizer Yogaverband war für Irene zunächst ein pragmatischer Schritt: «Ich wollte die Krankenkassenanerkennung und habe dafür den Kurs Medizinische Grundlagen an der Yoga University besucht.» Dieser Kurs war für sie nicht nur fachlich bereichernd, sondern auch eine erste Begegnung mit der Yoga University, der offiziellen Ausbildungsschule des Schweizer Yogaverbands. Mit der Zeit lernte sie die Unterstützung des Verbands zunehmend schätzen – besonders während der Corona-Zeit. «Es war toll zu sehen, wie sich der Verband für uns Yogalehrpersonen eingesetzt hat. Da habe ich gespürt: Wir sind nicht allein.»

Heute gibt ihr der Verband das Gefühl, Teil einer grösseren, professionellen Gemeinschaft zu sein. «Es ist schön zu wissen, dass es viele von uns gibt. Der Verband gibt dem Beruf einen seriösen Rahmen und Rückhalt.» Auch die Möglichkeit, sich zu vernetzen, neue Impulse zu erhalten und sich weiterzubilden, empfindet sie als wertvoll.

Inspiration und Rat für angehende Yogalehrer:innen

Irene spricht aus Erfahrung, wenn sie neuen Yogalehrer:innen etwas mit auf den Weg gibt. «Be you», sagt sie schlicht. Gerade am Anfang ist es leicht, sich von Vorbildern oder Erwartungen leiten zu lassen. Doch Yoga lebt von Echtheit, nicht von Perfektion. Jeder bringt seine eigene Geschichte mit, seine Stärken und Schwächen – und genau das macht den Unterricht lebendig.

Sie ermutigt, offen und kritisch zu bleiben, auch Traditionen zu hinterfragen und Altes mit Neuem zu verbinden. «Vertraue deiner inneren Lehrerin, hinterfrage, sei kritisch. Weniger ist oft mehr – und es muss nicht perfekt sein. Sei du selbst und habe Freude am Teilen von Yoga.»

Yoga unterrichten – zwischen Ideal und Alltag

Irenes Weg zeigt, wie individuell Yoga gelebt und weitergegeben werden kann – und dass Echtheit oft mehr zählt als Perfektion. Gleichzeitig macht ihre Geschichte sichtbar, was den Beruf heute auszeichnet: Präsenz, Anpassungsfähigkeit und der Mut, sich zwischen Ideal und Alltag immer wieder neu auszurichten. In dieser Balance zwischen Magie und Realität, zwischen innerer Tiefe und professionellem Anspruch, spiegelt sich das, wofür der Schweizer Yogaverband steht – ein Berufsverständnis, das auf Qualität, Bewusstsein und eine unterstützende Gemeinschaft baut. Gerade in dieser Balance zwischen persönlichem Weg und professionellem Anspruch bietet der Schweizer Yogaverband wertvollen Rückhalt und Orientierung.

  • Irene Isepponi (Jg. 1973), Eschenbach/LU www.servus-yoga.ch
  • Mitglied seit: 2018
  • Motto: ««Es muss nicht perfekt sein, damit es wirkt.»
  • Bedeutung der Mitgliedschaft in drei Worten: Eingebettet. Seriös. Professionell anerkannt.